Traum und Wirklichkeit in der Politik

15.10.2012 22:10

Praktischer Idealismus und visionäre Aktion

- zum Konflikt von Traum

und Wirklichkeit in der Politik

 

Gerade auch am Beispiel unserer pluralistischen Kreuzberger Crew zeigt sich oft deutlich die gedankliche Barriere zwischen täglichem Pragmatismus, etwa in der alltäglichen parlamentarischen Arbeit, und dem grenzüberschreitenden verträumten Idealismus, der zum Handeln bewegt und uns die Hoffnung gibt, überhaupt etwas verändern zu können.

Die Konflikte zwischen denjenigen, die ihre tägliche Arbeit unter anderem in den Parlamenten verrichten, und jenen, die mit mehr Abstand zum Gegenwärtigen versuchen, ihr Leben schon weitergehend nach ihrer eigenen Vision zu gestalten, drehen sich meist um nicht mehr als schlichte finanzielle Sachzwänge und andere strukturell bedingte Hürden.

 

Schimpft mal wieder jemand „utopisch“, während ein anderer verzweifelt auf der langfristigen Realisierbarkeit eines menschlichen Traums wie Gerechtigkeit oder Freiheit beharrt, so fällt auf, dass doch beide Perspektiven durchaus ihre natürliche Berechtigung haben und auch irgendwie untrennbar zusammen gehören müssen.

Letztendlich kann ja auch jeder Mensch prinzipiell beide Ansätze anhand seiner persönlichen Erfahrungswelt nachvollziehen. Auch hier ergänzen sich Vorstellungskraft und gedankliche Abwägung von Handlungsspielräumen im Prozess der Kreativität im wörtlichen Sinne.

 

Das Ideal alleine scheitert zwar des öfteren an der zeitnahen Realität, ist jedoch ein notwendiger Kompass bei der Planung jeder sinnvollen Handlung.

Der Pragmatismus neigt alleine oft zu Richtungslosigkeit und Anpassung an gegebene Verhältnisse, ist aber grundlegende Voraussetzung, um jeden Weg und jede Handlung beginnen zu können.

Auch wenn es durchaus in manchen Ohren einfach klingen kann, so sind doch viele sozial, demokratisch bzw. hierarchiearm strukturierte Bewegungen weitgehend an diesen bereits intensiv analysierten Interessenkonflikten gescheitert, weil sie aus verschiedensten Gründen heraus nicht genügend in der Lage waren, diese in der Metaperspektive aufzulösen. Beginnend mit Rousseau und Robespierre, über Marx und Lenin, die APO und den Marsch durch die Institutionen bis zu uns, zieht sich dieser tief emotionale Graben durch die sozialen und demokratischen Bewegungen der letzten Jahrhunderte.

 

Unser bisher in der Parteienlandschaft einzigartiger pluralistischer und dezentraler Grundansatz verschafft uns hier jedoch gegenüber den diskussionswürdigen älteren Modellen enorme Vorteile. Alleine schon die gegenwärtigen Versuche, möglichst viele Menschen miteinzubeziehen, können für uns auf Dauer das bedeutende Werkzeug bilden, eins zu bleiben, auch wenn wir berechtigterweise unterschiedlich sind und vor den verschiedensten Hintergründen agieren.

Mögliche Lösungsansätze sind natürlich, wie ja schon erkannt wurde, jede Menge allgemeiner Flausch und damit verbunden, der nicht endende Versuch (nicht Zwang), die Beweggründe anderer zu verstehen und gemeinsam in konstruktiver Diskussion konsensual oder demokratisch Stufen zu entwickeln, die den Weg in eine gesündere, offenere und gerechtere Welt glaubhaft begehbarer machen können.

Ich wünsche uns aus diesem Grund ein Wahlprogramm, in dem ehrlich und konsequent zwischen dem getrennt wird, was wir sofort und mit Hilfe anderer Parteien und Organisationen in die Wege leiten können und wollen und jenen Gedankenexperimenten und längerfristigen Projekten und Zielen, an denen kreative Köpfe dieser Partei mit Enthusiasmus und idealistischer Energieschöpfung arbeiten.

Es geht für mich zum einen darum zuzugeben, dass unser Handlungsspielraum in einer globalisierten Wirtschaftswelt, selbst bei einer Regierungsbeteiligung, ohnehin gewissen Grenzen unterläge und zum anderen darum, uns allen zuzugestehen, dass wir uns in einem aller Wahrscheinlichkeit nach gerade erst beginnenden Prozess befinden, der selbstverständlich weiterhin der Beteiligung zahlreicher visionärer und kreativer Köpfe und Hände bedarf, um ohne überflüssige Denkschranken zur realen Weiterentwicklung unserer Gesellschaft beitragen zu können.

 

Wenn wir es schaffen uns untereinander sowie der Öffentlichkeit gegenüber so konsequent wie möglich mit selbstkritischer Ehrlichkeit und Humor zu begegnen, so denke ich, dass wir es auch schaffen können, den Mut und die Kraft zu echter Veränderung aufzubringen, ohne an den unleugbaren Grenzen der Gegenwart unsere Ideale einzubüßen. Kooperation und Vernetzung sind hierbei sowohl erster als auch vielleicht letzter Schritt...

 

Ahoi! ...Annika Nadja